Eva Buhrfeind, VON FEINEN SPUREN ZWISCHEN MIKRO- UND MAKROKOSMOS, Galerie Art-Etage, Solothurner Zeitung, 2009
- Einzelausstellung
Galerie Art-Etage, Biel/Bienne - Solothurner Zeitung
Eva Buhrfeind
Von feinen Spuren zwischen Mikro- und Makrokosmos
Mit formenden Linien und sich lösenden Bewegungen sichtet Romana Del Negro Spuren zwischen Chaos und Ordnung in der Galerie Art-Etage in Biel.
Zarte Linien formen sich zu seltsamen, teils organischen, teils körperhaften Gebilden, legen Spuren, ziehen Strukturen nach, formen Architektonisches, lösen sich, ihre Formen, ihre Beziehungen wieder auf, suchen ihren Weg, ihre formende Bewegung neu. Sie scheinen so vertraut in diesen Strukturen, Gebilden, Schichtungen und Bewegungen, und doch entschwinden sie als fest umrissene vertraute Augenblicke.
Romana Del Negros künstlerische Welt ist – neben der Installation – die Zeichnung, ganz eindeutig und auf eine sensible Art verinnerlicht mit Tusche und Bleistift, in Mischtechnik mit Kreide, Kohle, Pastell und Farbstift – und mit dem Radiergummi, mit dem sie eigenwillige Gegenlinien in die labilen Gerüste und tektonischen Geflechte zieht. Doch die Zeichnung ist hier mehr als nur mit der Linie etwas formen, es ist ein Suchen und Beobachten, ein Agieren und Reagieren zwischen Ordnung und Chaos, zwischen Mikrokosmos und Makrokosmos, ein Netzspannen zwischen diesen Polaritäten, ein Spurensuchen und Spurenlegen, Spurenverweben und wieder verwischen.
Es sind keine plakativen oder exaltierten Arbeiten, welche die 1968 im zürcherischen Oberstammheim geborene und in Biel lebende Künstlerin da präsentiert, sei es in fragilen schwarzgrauen Nuancen, sei es in den seit einiger Zeit zartfarbig sich vertiefenden Inhalten. Diese Blätter zeigen Momentaufnahmen, assoziative Bildfragmente, Verknüpfungen von Beobachtetem und Gewachsenem, die mit und aus dem künstlerischen Prozess entstehen. Die sich auch den Betrachtern erst nach und nach öffnen, um die zarten Spuren ihrer Kosmen von Zerstörung und sich Neufügen preiszugeben.
Auch ihre Rauminstallation wandelt zwischen diesen seltsamen Welten von Ordnung und Chaos, von Natur und Architektur, Gestern und Morgen. Hier scheinen konträre Welten aufeinander zu prallen, die letztlich eins sind: archaisches Gestern und martialisches Morgen, Natur und Architektur als labile Momentaufnahme zwischen Zerstörung und Innehalten. Von einer Seite weisen spiessartige, an der Decke hängende getrocknete Palmwedel auf ein scheinbar in sich zusammenstürzendes Konstruktaus Sagex-Platten, am Boden verstreut liegen organisch seetierhafte Gebilde aus Plastikstreifen. Metallschienen und Stablampen lassen an technische Relikte denken, Netze aus Schaumstoffstreifen und hautfarben bemaltes Papier, das die Wände partiell und hautfarben bemaltes Papier, das die Wände partiell einkleidet, vertiefen die urzeitlich-fiktive Atmosphäre.
Ein Ziel des Ausstellungsraumes Art-Etage ist es, dass Künstler mit einer Einzelausstellung einen Gastkünstler einladen dürfen. Romana Del Negro stellt ihren Vater, den Maler Eugen Del Negro, mit einigen ausgewählten Acrylbildern vor. Der 1936 geborene Eugen Del Negro kommt ursprünglich von der Landschaftsmalerei, die er jedoch schon bald in die Abstraktion führte. Seinen malerischen Zyklen entsprechend sind hier nun einige schwarz-weisse Werke zu sehen, die sich mit der Dynamik und der Konzentration einer Collagen-Form, -Farbe und -Fläche zu einer expressiven Ruhe schichten und vertiefen.