Stefan Bitterli, HIGHTECH UND KUNST IM EINKLANG, Einweihungsbroschüre Institut für Virologie, 2009
- Einweihungsbroschüre Institut für Virologie, Uni Irchel Zürich
Stefan Bitterli, Kantonsbaumeister, Hochbauamt Kanton Zürich
Hightech und Kunst im Einklang
Der Umbau für die Medizinische Fakultät darf aufgrund der Aufgabenstellung zweifelsohne als aussergewöhnliches Bauvorhaben bezeichnet werden: Einerseits beschränkte sich die bauliche Intervention ausschliesslich auf das Gebäudeinnere, sodass die Planer auf den ersten Blick keinen wirklichen Gestaltungsspielraum erwarten konnten, und andererseits ging es letztendlich um weit mehr als bloss die reine Erfüllung eines eher nüchternen Auftrages zur Behebung einer vorhandenen Raumnot, Büroflächen in Labors umzuwandeln. Genauer ausgedrückt bestand die grosse Herausforderung darin, eine Antwort auf die Frage zu finden, wo Laborflächen zu konzipieren seien, die erstens, obschon für eine öffentliche Institution vorgesehen, infolge strengster Sicherheitsbestimmungen einem breiten Publikum nicht zugänglich sein würden, zweitens mit Blick auf eine zukunftsweisende Forschung die Forderung sowohl nach neuester Technologie und effizientem Betrieb als auch langfristiger Flexibilität zu erfüllen haben und drittens eine humane Raumatmosphäre zu gewährleisten im Stande sein werden.
In ihrem Zusammenhang betrachtet erschienen diese Rahmenbedingungen vorerst äusserst widersprüchlich, und entsprechend steinig war der Weg von der ersten Machbarkeitsstudie im Jahr 2005 über das konkrete Projekt bis hin zur baulichen Umsetzung. Das Planungsteam unter der umsichtigen Leitung der Burkhard & Lüthi Architektur GmbH hat die Zielvorga-ben jedoch nie aus den Augen verloren. Es hat das abitiöse Vorhaben – notabene unter der Voraussetzung, dass der Betrieb auf den übrigen Geschossen während der gesamten Bauzeit aufrechterhalten werden musste – mit hoher Professionalität konsequent umgesetzt. Dabei wurde erstmals ein im Vorfeld in enger Zusammenarbeit zwischen Universität und Hochbauamt neu evaluiertes Laborsystem realisiert. Dieses umfasst neben einer Medienerschliessung ab Geschossdecke im Umfang von hunderten Laufmetern Kanälen und Leitungen u.a. auch ergänzende mobile Trennwände. Dadurch können Einrichtungs- und Grundrissanpassungen praktisch ohne Betriebsunterbruch vorgenommen werden und somit einer bezüglich Betrieb und Belegung raschen Entwicklung entsprochen werden, die insbesondere im Bereich der Forschung an Bedeutung gewinnt.
Mit einer minutiösen Einhaltung aller zu beachtenden Vorschriften, beispielsweise betreffend Brandschutz, Energieverbrauch oder Sicherheit im Umfeld Virologie, wie auch mit einer labortauglichen, d.h. den hygienischen Anforderungen im medizinischen Bereich gerecht werdenden Materialisierung in Form von Stein, Stahl, Glas und Kunstharz allein kann noch keine einladen-de Raumatmosphäre erzeugt werden. Diesem Aspekt der Nachhaltigkeit wurde in zweifacher Hinsicht Rechnung getragen. Einerseits haben die Architekten neben der Inszenierung einer geschickten Lichtführung mit in rhythmischer Anordnung von Kunstharz und Glaselementen gegliederten Korridorwänden für überraschende Durchblicke bzw. visuelle Querbezüge gesorgt. Und andererseits hat es die Künstlerin Romana Del Negro mit ihrem Wettbewerbsbeitrag «It takes two to tango» in buchstäblich grossartiger Manier verstanden, das architektonische Gestaltungsprinzip nicht nur aufzunehmen, sondern gar noch zu steigern. Damit leistet die Kunst am Bau in ihrer Grössenordnung von lediglich einem Prozent der Baukosten, ganz nach dem Prinzip «kleine Ursache, grosse Wirkung», einen überproportional hohen Anteil an die atmosphärischen Qualitäten der neu gestalteten Räumlichkeiten.
Dass der Verschmelzungsprozess der zwei Sphären, rational-sterile Hightech und emotional gesteuerter Gestaltungswille, derart erfolgreich bewältigt werden konnte, widerlegt nicht nur, dass sich die genannten Begriffe als unabdingbarer Gegensatz verhalten müssen, sondern setzt auch eine übedurchschnittlich gute Zusammenarbeit sämtlicher Beteiligten voraus. Für dieses Engagement sei hiermit von Herzen gedankt – dies verbunden mit der Hoffnung, dass die neuen Labors ihre Aufgabe möglichst lange zu erfüllen vermögen werden.